Größere Kulturveranstaltungen gegen die WAA


Über das im engeren Sinne Politische hinaus wurden immer wieder auch Alltags- und Freizeitsaktivitäten einbezogen, und sogar verschiedenste sportliche Events wurden gegen die WAA durchgeführt Die breiteste Mobilisierungswirkung im Widerstand hatte die Vielzahl kultureller Veranstaltungen zur Unterstützung des Widerstands, die der Anti-WAA-Bewegung in der Region viele Sympathien einbrachten und das Verständnis der WAA-Gegner förderten. Es waren nicht zuletzt Literaten, Musiker, Kabarettisten und Künstler jeglicher Kunst- und Stilrichtungen, die sich gegen die Kernenergie positionierten. Der organisatorische Vorlauf bei vielen Aktionen und Darbietungen war dabei immens - wurde er doch fast ausschließlich in ehrenamtlicher Tätigkeit geleistet. Auftritts-Möglichkeiten waren zu eruieren, man musste mit Inhabern möglicher Auftrittsorte Kontakt aufnehmen, Auftritts-Modalitäten aushandeln und Werbemaßnahmen planen.

 

Dieter Hildebrandt, galt als einer der einflussreichsten deutschen Kabarettisten, Bekannt wurde er als Mitbegründer der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Er kam auch nach Schwandorf und D´Nußgackln (rechtes Bild) aus Regensburg, hier bei einem Auftritt im Brandlbrau, Regensburg.

 

Besonders zeit- und arbeitsaufwändig in Planung und Durchführung waren die Open-Air-Auftritte verschiedenster Musiker und Künstler zum einen bei Demonstrationen und Großkundgebungen, zum anderen bei mehreren Open-Air-Festivals in der Region. Die Initiativen dafür gingen nicht selten von den auftretenden Künstlern selbst bzw. von mit der Anti-WAA-Bewegung sympathisierenden Veranstaltern aus. Doch waren die eigentlichen Vorarbeiten von einheimischen WAA-Gegnern zu leisten. Auch hier mussten Auftrittsorte besorgt, von der zuständigen Behörden die erforderlichen Genehmigungen eingeholt und bisweilen aufwändige Sicherheitsauflagen erfüllt und technische Voraussetzungen inklusive Audio-Technik und Lichtanlagen installiert werden. Nach Ende der Veranstaltung waren Abbau und ordnungsgemäße Rückgabe zu bewerkstelligen. Zumeist vor Ort lebende Mitglieder einzelner BIs waren es auch, die sich um die Unterbringung , Verpflegung und Betreuung der oftmals auswärtigen Künstler kümmerten. Wieder andere Aktivisten stellten sich als Kartenverkäufer, -kontrolleure oder Ordnungsdienste zu Verfügung, etwa beim Folkfestival 1986 sowie bei den WAAhnsinnsfestivals Mitglieder des Regensburger Motorradclubs „Kuhle Wampe“.

Selbst scheinbar „spontane“ Aktionen erforderten längere Planung und Organisation. So bildeten etwa Mitglieder der BIWAK in Regensburg eine Theatergruppe, die ihre Szenen gegen die WAA an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Gelegenheiten aufführten.

Phantasievoll und spektakulär war am Bismarckplatz in Regensburg die BIWAK-Aktion „Nackte Gewalt aus dem Schwarzen Block“, bei der das Publikum anschließend so lange versuchte, die Festnahme der Auftretenden durch Polizeieinsatzkräfte zu verhindern, bis die Schauspieler von der BIWAK aus ihren Rollen geschlüpft waren und nicht mehr "identifiziert" werden konnten.

 

Größere Musikveranstaltungen 1986 und 1988


Bundesweit und sogar international bekannt wurde der Widerstand gegen die WAA im Sommer 1986 vor allem durch das 5. WAAhnsinnsfestival in Burglengenfeld. Es waren dabei hauptsächlich Musiker selbst, die seit Anfang der 1980er Jahre verschiedene größere Musikveranstaltungen und sonstige Protestaktionen trugen. So fanden im Raum Schwandorf-Burglengenfeld insgesamt sieben „WAAhnsinnsfestivals“ statt, wobei die ersten vier ursprünglich im Umfeld des Jugendzentrums Burglengenfeld konzipiert worden waren. Das fünfte dieser Festivals im Sommer 1986 geriet mit ca. 130.000 Besuchern zur bis dahin größten Open-Air-Veranstaltung nicht nur der Oberpfalz, sondern deutschlandweit.

 

Das 5. WAAhnsinnsfestival in Burglengenfeld war mit 130.000 Besuchern das größte. (Foto Hartmut Bartels)

Organisatoren dieses Festivals waren neben den Aktivisten des Jugendzentrums Burglengenfeld als Unterstützer der „Arbeitskreis Kultur Regensburger Bürger e.V“., der örtliche BUND Naturschutz und die „Folk- und Volksmusikwerkstatt Regensburg und Ostbayern e.V.“. Die drei letzteren Gruppen führten am 03./04. Mai 1986 auch ein internationales Anti-WAA-Folkfestival – nur zwei Kilometer vom Baugelände entfernt – durch, zu dem rund 40.000 Besucher kamen. Und im Herbst 1986 kam es zu einer spektakulären Aufführung von Josef Haydns „Schöpfung“ in der Regensburger Dreieinigkeitskirche, deren Initiator aus dem Team des „Kammerorchesters Schloss Werneck“ entstammte. Dabei wirkte die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl als "Verstärker" der Anliegen der WAA-Gegner und trug dazu bei, dass 1986 viel mehr Zuschauer als vorher in die angekündigten Kulturveranstaltungen strömten.