Bei den „Guglhupfa“, zu Wackersdorf-Zeiten Anderl Lechner (Gesang, Kontrabass, Gitarre, Hackbrett, Tuba, Harmonika), Karl Well (Gesang, Klarinette, Flöte, Bass, Trommel), Heini Zapf (Gesang, Gitarre, Hackbrett, Bass, Bodhran) und Rudi Zapf (Gesang, Akkordeon, Hackbrett, Harfe, Bandoura, Horn, Trompete), handelte es sich um vier Vollblutmusiker aus München und – nach Ansicht von Fachleuten – eine der besten bayerischen Volksmusikgruppen der 1980er Jahre. Mit Liedern aus dem „bayerischen Widerstand“ gehörten Guglhupfa zu den Urgesteinen der Kleinkunst-Volksmusik-Szene in München.
Ihre Art von „politischer Volksmusik“ versuchte die aktuelle politische und gesellschaftliche Realität umzusetzen und hatte nichts gemein mit der weißblauen Bierseligkeit und Wadlstrumpfmentalität von Berufs-Pseudo-Bayern. Mit hintergründiger Satire, versteckt in bayerischer Volksliedharmlosigkeit, sezierten sie die Wirklichkeit: „‘s Volk wird urig bled g’macht“!
Wie Lorenz Beyer schreibt, gehörten sie „zu den Urgesteinen der Kleinkunst-Volksmusik-Szene in München und wurden sogar von Franz Josef Strauß verklagt. In den 80ern waren die ‚Guglhupfa‘ der sperrige Gegenpart zur Biermösl Blosn‘. Das Spektrum ihres Repertoires reichte von den Hausbesetzungen jener Zeit, dem geplanten Großflughafen Erding, Missständen wie der Arbeitslosigkeit, dem „Tohuwabohu in Ohu“ bis hin zu den Nackerten im Englischen Garten. Die „Lieder und Texte“ der „Guglhupfa“ wurden verstanden sowohl von den Jüngeren als auch den Älteren, und es entwickelte sich ein Stück Kultur des Widerstands, bayrische Fortschrittlichkeit in den Traditionen von Karl Valentin oder Oskar Maria Graf, sodass die „Guglhupfa“ immer wieder gerne bei Veranstaltungen gegen die WAA – und dies nicht nur in der Oberpfalz – gehört wurde. Die „Guglhupfa“ traten auf bereits 1983 und 1984 beim 3. und 4. WAAhnsinnsfestival des freien Jugendzentrums Burglengenfeld, am 12. Februar zusammen mit den „Mehlprimeln“ und „Anonym“ beim Politischen Aschermittwoch des Bund Naturschutz in Schwandorf und mit „Anonym“ und Helmut Debus beim 3. Folk- und Volksmusikfestival im niederösterreichischen Eggenburg. Letzteres Festival fand im Rahmen der internationalen Tagung „Überlebenszeichen 1984 – Kulturmodell aus der Provinz“ vom 20. bis 23. September 1984 statt. Ebenso waren sie auf dem Anti-WAA-Folkfestival vom 03./04. Mai 1986. vertreten. Außerdem waren sie am 21. April 1985 und am 12. August 1986 auch bei Veranstaltungen in der Reihe „Aufruf zur Phantasie“ in Schwandorf-Fronberg sowie mit Hein & Oss Kröher und verschiedenen oberpfälzer Autoren – Brandl, Dorner-Wentzlik, Grill, Seitz – beim politischen Aschermittwoch am 04. März 1987 in der Schwandorfer Oberpfalzhalle zu hören. Sie spielten am 05. Juni 1987 in Verbindung mit der Veranstaltung „Oberpfälzer Chaoten im Netz der Staatsgewalt …“ und zum 75. Geburtstag des Bund Naturschutz am 21. Mai 1988 im Regensburger Kolpinghaus sowie auf einem Energie-Festival von „David gegen Goliath“ am 10. November 1988 in Neunburg v. Wald, wo in Anwesenheit von Landrat Schuierer und Professor Armin Weiß (MdL) neben ihnen Albert C. Humphrey (Blues) und Dieter Hildebrandt auftraten. Auch in Österreich standen die „Guglhupfa“ mehrfach gegen die WAA auf der Bühne, so etwa beim Anti-WAA-Event des Salzburger Landestheaters am 01. November 1986.
„Die ‚Guglhupfa‘ waren alle sehr konservativ aufgewachsen. Heini und Rudi Zapf stammen aus einer sehr brauchtumsorientierten Familie, ihr Vater war Trachtenvereinsvorstand. Über die katholische Jugendbewegung und die Brauchtumsszene lernten die beiden Anderl Lechner kennen. (…) Sie studierten in München am Richard-Strauß-Konservatorium zusammen Musik. Auf Volkstänzen, Singwochen und anderen Brauchtumsevents lernten sie die Mitglieder der späteren ‚Biermösl Blosn‘ kennen – deren Bruder Karl Well stieß später ebenfalls zu den Guglhupfan. Parallel begannen sich die jungen Volksmusikanten für die Kleinkunstszene zu interessieren. (…) In diesem Spannungsfeld zwischen Tradition und Gegenwart entwickelten sich die Ursprünge dessen, was später als Neue Volksmusik‘ vermarktet werden sollte. Wie die Well-Brüder trieb auch Lechner und die Zapfs der Gedanke um, die Volksmusik aus der musealen Verstaubung der Wastl-Fanderl-Singwochen mit Almen, Kammerfensterln und Wilderer-Kitsch zu befreien, sie mit zeitgemäßen Inhalten zu füllen, sie mit der Realität in Verbindung zu bringen, sie wieder relevant und interessant zu machen. (…) Es war auch ein Generationenkonflikt, der sich in dieser kleinen Revolution spiegelte. Die CSU unter Franz Josef Strauß war – damals noch mehr als heute – die Partei mit Alleinregierungsanspruch in Bayern und verteidigte diese Machtposition auf eine Art und Weise, die vielen zunehmend gegen den Strich ging. Vor allem junge Leute, durch die neuen sozialen Bewegungen der 70er Jahre in hohem Maße politisch engagiert, versuchten aktiv Einfluss auf tagespolitische Entscheidungen zu nehmen. So demonstrierte beispielsweise die wachsende Ökobewegung vehement gegen den Bau neuer Atomkraftwerke. Und dieser Zeitgeist schlug sich auch in den Texten der Münchner Kleinkunst-Volksmusik-Szene nieder, inspiriert und beeinflusst von kritischen Liedermachern wie dem hiesigen Konstantin Wecker und Norddeutschen wie Hannes Wader und Liederjan. Alte Volksmusiksammlungen wurden nach brauchbaren kritischen Liedern durchforstet, neue Texte zu alten Melodien gedichtet!
Von Franz Josef Strauß wurden die „Guglhupfa“ verklagt, weil sie auf der Gegendemonstration zu einem Kameradschaftstreffen der rechtsradikalen DVU dem CSU-Vorsitzenden und damaligen bayerischen Ministerpräsidenten in Gstanzl-Form eine NS-Vergangenheit „andichteten“. Das Verfahren wurde schließlich eingestellt, wohl weil die CSU darauf bedacht war, „den jungen Volksmusik-Rebellen“ durch einen Prozess nicht noch mehr Medienöffentlichkeit zukommen zu lassen“. Auch hatten sich verschiedene Kollegen, z.B. die Musiker von „Anonym“, in einem Artikel im „Folk-Michel“ sowie in einem Schreiben an den Strauß-Anwalt mit den Kollegen solidarisiert und das inkriminierte Gstanzl in München bei einem Auftritt gegen die Aufforderung des Rechtsanwalts „zitiert“, um auf die in ihren Augen rechtswidrige Unterdrückung missliebiger Kritik in Bayern hinzuweisen.
Die „Guglhupfa“ wurden mit der Ludwig-Thoma-Medaille der Stadt München ausgezeichnet. Die Formation existierte bis 1990, weil Anderl Lechner, heute Schauspieler, Regisseur, Autor und zudem bis Juni 2012 Wirt der Aurora Bar in München, sich vermehrt dem Theater zuwandte und die anderen Mitglieder sich mehr in Richtung Unterhaltung orientieren wollten. Vorher bereits war Rudi Zapf ausgestiegen, „um sich auf seine Instrumentalmusik-Projekte zu konzentrieren, mit denen er bis heute sehr erfolgreich ist.“ Die Auflösung erfolgte nach einem Auftritt im ukrainischen Kiew.
„Lieder aus dem ‚bayerischen Widerstand‘: Im handfesten Dialekt und sicherer, traditioneller Intonation pflegt Guglhupfa eine der besten Seiten der bayerischen Volksmusiktradition. Kritik an den Entscheidungen der Oberen, an politischer Borniertheit und den üblen Tricks, mit denen Volksvertreter diejenigen ausschmieren, die sie wählten, ergießt sich in ätzenden Liedern über die Angesprochenen. Besonders zimperlich gehen die vier Vollblutmusiker mit ihren vermehrt in Amtsstuben angesiedelten Zeitgenossen nicht gerade um. Man fühlt sich dem „bayerischen Widerstand“ zugehörig, will weiß-blaue Missstände aufzeigen, aufklären, ohne sich dabei allzu sehr in verzopfte Moral zu verstricken. Klartext, bissig, zynisch, aggressiv, mit Engelszungen gesungen und instrumentiert mit verblüffender künstlerisch handwerklicher Qualität. Dass die Botschaft rüber (und an-)kommt, beweisen die vielen erfolgreichen Auftritte der Guglhupfa. Selbst ansonsten nicht als „revolutionär“ verschrieene Häuser wie etwa das Münchener Cuvillies-Theater, das Münchner Volkstheater, der Bayerische Rundfunk oder die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ließen die furchtlosen Streiter zu Wort kommen.“
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